Als Harninkontinenz (Blasenschwäche) bezeichnet man jeden unkontrollierten Urinverlust. Das Auftreten liegt je nach Altersgruppe bei Frauen zwischen sieben und 42 Prozent. Dies ist altersabhängig und steigt mit dem Lebensalter an. Aktuell leiden zirka 28 Prozent aller Frauen an Harninkontinenz, im Jahre 2030 werden es aufgrund des zunehmenden Anteils alter Menschen in der Bevölkerung zirka 35 Prozent sein. Man geht von einer hohen Dunkelziffer aus, da die Frauen das Problem oft beim Gespräch mit dem Arzt verschweigen.
Risikofaktoren für das Auftreten einer Harninkontinenz sind eine physische Überforderung des Beckenbodens wie zum Beispiel bei Übergewicht oder schwerer beruflicher körperlicher Anstrengung. Zusätzliche Risikofaktoren sind eine Bindegewebsschwäche sowie der Zustand nach mehreren Geburten, vor allem, wenn es zu Geburtsverletzungen kam.
Die häufigste Form der Blasenschwäche ist die Belastungsinkontinenz, bei der ei Harnverlust zum Beispiel beim Husten, Lachen, Pressen, Heben auftritt. Dies ist auch die häufigste Form der Blasenschwäche bei Frauen. Die zweithäufigste Form ist die so genannte Dranginkontinenz (Urge-Inkontinenz), wobei der Harnverlust mit plötzlich verspürtem krampfartigem Harndrang auftritt. Daneben gibt es bei Frauen seltene Formen wie zum Beispiel die Reflexinkontinenz, die Überlaufblase oder die absolute Harninkontinenz bei Fisteln.
Der behandende Arzt sollte sich zunächst genau nach den Beschwerden erkundigen und eine genaue Anamnese erheben. Der Frauenarzt wird eine gynäkologische Untersuchung durchführen. Dabei stellt er fest, ob zusätzlich eine Senkung vorliegt und kann mittels eines Hustentestes überprüfen, ob bei Ihnen eine Belastungsinkontinenz vorliegt. In einigen Fällen und vor Operationen wird eine Blasendruckmessung erfolgen. Bei dieser Untersuchung stellt man fest, um welche Form der Blasenschwäche es sich handelt.
Bei Stressharninkontinenz: Die konservative Therapie ist identisch mit derjenigen bei Senkungsbeschwerden: Übergewichtige Frauen sollten abnehmen. Beckenbodengymnastik ist ebenso sinnvoll wie die Gabe von lokal applizierten Östrogenen. Die Betroffenen können Beckenbodengymnastik durch Bio-Feedbackgeräte unterstützen. Liegt eine Senkung vor, bietet sich die Einlage von Pessaren an. Gegebenenfalls kann auch eine medikamentöse Therapie durchgeführt werden.
Reichen die konservativen Maßnahmen nicht aus oder liegt eine schwerwiegende Harninkontinenz vor, kann eine operative Therapie empfohlen werden. Hierbei müssen je nach gynäkologischem Untersuchungsbefund evtl. Senkungszustände gleichzeitig mit behoben werden. In vielen Fällen reicht auch ein kurzer minimal invasiver Eingriff durch Einlage einer spannungsfreien Vaginalschlinge unter die Harnröhre aus, um die Kontinenz der Harnblase wiederherzustellen.
Bei Dranginkontinenz: Falls eine Blasenentzündung, ein Nierenstein oder eine Tumorerkrankung in der Blase die Ursache für die Dranginkontinenz ist, kann diese nach Gabe von Antibiotika, Entfernung des Nierensteins oder des Tumors gebessert werden. Auch bei dieser Form der Blasenschwäche ist eine Östrogen-Einnahme zu empfehlen. Als medikamentöse Therapie kommen verschiedene Medikamente zum Entkrampfen der Harnblase infrage. Die reine Dranginkontinenz sollte in keinem Fall operativ behandelt werden.
In unserem Ärzteteam der gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung arbeiten Frauenärzte/ innen mit urogynäkologischem Schwerpunkt. Wenn Sie von Ihrem Frauenarzt zu uns zur Behandlung eingewiesen werden, erfolgen eine sorgfältige Anamnese und eine gynäkologische Untersuchung einschließlich Ultraschall. Ist eine Blasendruckmessung erforderlich, wird diese durch die Fachkollegen der urologischen Abteilung zumeist am selben Tag durchgeführt. Aus den Befunden wird eine individuelle Therapieempfehlung für Sie erstellt und mit Ihnen besprochen.
Eine enge Kooperation besteht mit der Universitätsklinik Heidelberg durch Zusammenarbeit im Beckenboden- und Kontinenzzentrum Rhein-Neckar. Das gewährleistet für Sie ein Versorgungsmaximum auf höchstem medizinischen Niveau.